Livio Russi & Maki Wiederkehr
Fr., 17. Sept.
|Postremise
Von Romantik über Klezmer bis Jazz
Zeit & Ort
17. Sept. 2021, 20:00
Postremise, Engadinstrasse 43, 7000 Chur, Schweiz
Information
35 CHF - Normalpreis
20 CHF - ermässigter Preis für Auszubildende, Theaterschaffende, Alleinerziehende, Wenigverdienende und Zuschauer*innen mit knapper Rente
10 CHF - Kulturlegi
Livio Russi & Maki Wiederkehr
Von Romantik über Klezmer bis Jazz
Der Bündner Klarinettist Livio Russi und seine Kammermusikpartnerin Maki Wiederkehr am Klavier kommen zum wiederholten Mal in die Postremise. Es fühlt sich je länger je mehr wie ein Heimspiel an. Dieses Mal haben sie Musik von Horovitz, Weinberg, Bernstein und Gershwin im Gepäck. Die vier Komponisten haben auf den ersten Blick nicht sehr viel gemeinsam. Beim genaueren Hinschauen tauchen jedoch erstaunlich viele Parallelen auf: jüdische Abstammung, Antisemitismus, Auswanderung und eine sehr persönliche Klangsprache - von Romantik über Klezmer bis Jazz.
Joseph Horovitz (* 1926) wurde 1938 als Zwölfjähriger zwecks „Umschulung“ von der Schule in Wien verwiesen und emigrierte kurz darauf mit seinen Eltern nach England. Mieczysław Weinberg (1919–1996), ein Pole ukrainischer Abstammung, flüchtete gar zwei Mal vor den Nazis: 1939 als 20jähriger aus Warschau nach dem deutschen Überfall auf Polen und 1941 als 22-Jähriger aus Minsk nach dem deutschen Angriff auf die UdSSR. Er landete nach einem Umweg über Tashkent in Moskau und wurde ein enger Freund von Shostakovich.
Joseph Horovitz arbeitete zu Beginn seiner Karriere überwiegend als Opern- und Ballettdirigent. Erst allmählich wandte er sich dem Komponieren zu. Er schrieb hauptsächlich Musik für Ballette, einige Solokonzerte und eine grosse Anzahl an Werken für Bläser. Oft schwingt in seinen Kompositionen einiges an Jazz mit. Seine Sonatina für Klarinette und Klavier (1981) ist ein gutes Beispiel für seine unbeschwerte Klangsprache.
Nach zweimaliger Flucht lebte Mieczysław Weinberg ab 1943 bis zu seinem Lebensende in Moskau. Dort stand er in engem Kontakt zu Shostakovich. Sie spielten sich ihre Werke gegenseitig vor, hielten sehr viel voneinander und wurden gute Freunde. Wie auch Shostakovich lebte Weinberg in ständiger Angst vor den Repressalien der russischen Machthaber. Er wurde gar kurz vor Stalins Tod verhaftet und kam erst nach dessen Tod wieder frei. Seine Klarinettensonate (1945) ist ein reifes Werk mit romantischen und folkloristischen Elementen. Nicht zuletzt ist gut hörbar, dass er in der Jugend durchaus in Kontakt mit Klezmer-Musik war.
Leonard Bernstein (1918–1990) und George Gershwin (1898–1937) wurden als Kinder ukrainischer Emigranten in den USA geboren. Beide Eltern flüchteten wegen des wachsenden Antisemitismus‘.
Leonard Bernstein begeisterte sich schon als Kind für die klassische Musik. Während der regelmässigen Gottesdienstbesuche hörte er viel Chor- und Orgelmusik. Sein Berufswunsch Pianist stand bald fest und er verfolgte diesen Wunsch gegen den Widerstand seiner Eltern - und dies überaus erfolgreich. Neben dem Klavierspiel wurde das Dirigieren spätestens ab 1943 zum zentralen Punkt seiner Tätigkeit, als er als 25-Jähriger kurzfristig einsprang und ein Konzert des New York Philharmonic Orchestra dirigierte. Der Rest ist Geschichte: Er wurde zu einem der prägendsten Musiker des 20. Jahrhunderts, dirigierte alle wichtigen Orchester und hinterliess ein Kompositionsvermächtnis. Zu seinen berühmtesten Werken gehören die Musicals On the Town (1944), Candide (1956) und vor allem West Side Story (1957). Daneben hinterliess er eine kleine, aber feine Auswahl an Kammermusikwerken. Darunter fällt auch die Clarinet sonata (1942).
George Gershwins Grossvater stammte aus Odessa, derselben Stadt in der Ukraine, aus welcher auch Weinbergs Mutter stammte. Sein Vater Moishe Gershowitz floh um 1891 aus Russland in die USA und änderte seinen Namen bald zu Morris Gershwin. Auf einem Klavier, das eigentlich für seinen grösseren Bruder angeschafft wurde, entdeckte George seine Liebe für Musik. Er arbeitete zunächst als „Hauspianist“ eines Verlages, um das neue Repertoire zu vermarkten (bevor es Schallplatten gab). Allmählich wurde der Broadway auf seine Songs aufmerksam. Es folgten einige grosse Hits wie Rhapsody in Blue (1924), An American in Paris (1928) und die Oper Porgy and Bess (1935), aus welcher der Song Summertime stammt. Seine Three Preludes (1926) waren als 24 Präludien für Klavier angedacht. Zahlreiche andere Projekte und sein früher Tod (Hirntumor) verunmöglichten die Vollendung. Nichtsdestotrotz wurde das Werk ein grosser Erfolg und wird bis heute auch oft als Arrangement gespielt.
Programm
Joseph Horovitz (*1926): Clarinet sonatina
- 1. Allegro calmato
- 2. Lento, quasi andante
- 3. Con brio
Mieczysław Weinberg (1919–1996): Klarinettensonate op. 28
- 1. Allegro
- 2. Allegretto
- 3. Adagio
–––
Leonard Bernstein (1918–1990): Clarinet sonata
- 1. Grazioso
- 2. Andantino - Vivace e leggero
George Gershwin (1898–1937): Three preludes, arr. für Klarinette und Klavier
- 1. Allegro ben ritmato e deciso
- 2. Andante con moto
- 3. Agitato